PROJEKT Langzeit-Monitoring Sattelkar

Klimasensitivität hochalpiner Kare: Das Sattelkar und seine Nachbarkare

Hochalpine Kare befinden sich unmittelbar unterhalb der Gipfelwände und zählen somit zu den am höchsten gelegenen Sedimentspeichern. Die aktuelle Klimaerwärmung führt in diesen Bereichen zu erheblichen, potenziell dramatischen, Veränderungen. Steigende Lufttemperaturen und verstärkter flüssiger Niederschlag verursachen eine signifikante und möglicherweise rasche Erwärmung des oberflächennahen Untergrunds. In gefrorenen Schuttablagerungen kann dies zu rapidem Permafrostrückgang führen, welcher die Verfügbarkeit von mobilisierbarem Sediment drastisch erhöht. Dieses kann in weiterer Folge durch potenziell gefährliche Massenbewegungen wie Hangrutschungen und Muren mobilisiert werden. Auf Grund ihrer konkaven Morphologie und der intensiven (peri-)glazialen Erosion der vergangenen Jahrtausende haben sich in hochalpinen Karen oftmals erhebliche Sedimentvolumina akkumuliert. Verändern sich in diesen Regionen nun klimawandelbedingt die Rahmenbedingungen des Sedimenttransports, so sind die Auswirkungen potenziell schwerwiegend.

 

Das Sattelkar und seine Nachbarkare befinden sich im Obersulzbachtal, in den Hohen Tauern, in einem Höhenbereich zwischen 2.100 und 2.800 m. Im schwer zugänglichen Sattelkar werden seit 2005 starke Oberflächenveränderungen beobachtet. Die initialen Oberflächenveränderungen führten zu einer massiven Degradation der Vegetationsbedeckung und einer damit einhergehenden Freilegung bzw. verstärkten Mobilisierung der Schuttfüllung des Sattelkares. Geländeanalysen machten ersichtlich, dass eine tiefgreifende, rückschreitende Bewegung der Schuttfüllung des Kares in Gang gesetzt wurde. Als Hauptverursacher werden sommerliche Starkniederschläge vermutet, die zu einem Abgleiten bzw. Kriechen der Schuttfüllung auf dem glatten, darunterliegenden Karboden führen. Detaillierte Luftbildanalysen, sowie Augenzeugenberichte und Schadensdokumentation zeigen, dass die lokale Massenbewegungs- und Muraktivität über das letzte Jahrzehnt deutlich zugenommen haben. Vom Sattelkar ausgehende Muren blockierten den Obersulzbach und führten in Kombination mit der allgemeinen Überflutungssituation im Einzugsgebiet zu schwerwiegenden Schäden im mittleren und oberen Bereich des Obersulzbachs.

 

Das Sattelkar hat drei Nachbarkare mit nahezu identischen Eigenschaften: das Ofenkar, das Mitterkar und das Steinkar. Trotz ähnlicher topographischer, klimatologischer und hydrologischer Bedingungen konnten in den drei talaufwärts gelegenen Nachbarkaren keine signifikanten Massenbewegungen beobachtet werden. Es ist bislang nicht klar warum das Sattelkar – ganz im Gegensatz zu seinen Nachbarn – hochaktiv ist.

 

Auf Basis eines Langzeit-Monitorings werden Atmosphären-, Oberflächen- und Untergrundbedingungen systemisch und kontinuierlich überwacht, um die thermischen Untergrundbedingungen sowie die Massenbewegungsaktivität quantitativ zu beurteilen. Die erhobenen Monitoringdaten sollen dazu beitragen das Verhalten hochalpiner Kare unter sich verändernden klimatischen Rahmenbedingungen besser zu verstehen sowie das zukünftige Naturgefahrenpotenzial besser abschätzen zu können.

  

STECKBRIEF

Beitrag GEORESEARCH: Leitung

Projektpartner: Nationalpark Hohe Tauern, Hydrographischer Dienst Land Salzburg, Geologischer Dienst Land Salzburg, Wildbach- und Lawinenverbauung

Projektdauer: 2018 - 2024

Fördergeber: Nationalpark Hohe Tauern, Ländliche Entwicklung - LE 14–20

Webcam-Monitoring Sattelkar

Webcam Sattelkar

Seit Juli 2022 beobachten wir die Sattelkar-Rutschung im Obersulzbachtal mit einer hochauflösenden Webcam. Die Daten der Kamera (Fotos, Videos) ermöglichen die Rekonstruktion von Bewegungsraten bzw. Einzelereignissen und werden auf Tagesbasis übermittelt.

 

Link zu Kamera-Monitoring...

  

PROJEKTPARTNER

Nationalpark Hohe Tauern

Geologischer Dienst Salzburg

Hydrographischer Dienst Salzburg

Wildbach- und Lawinenverbauung

  

AUSGEWÄHLTE REFERENZEN

 

Hochgebirge im Klimawandel, Langzeitmonitoring im Nationalpark Hohe Tauern. Ö1 Dimensionen, 27.09.2022

 

9 x Österreich. Erkundungen in Salzburg. Vom Außergebirg ins Innergebirg. Ö1 Radiokolleg, 22.09.2022

 

Klimawandel führt in den Alpen zu mehr Muren und Steinschlägen. Der Standard, Forschung Spezial, 17.08.2022.

 

Klimawandel im Hochgebirge: „Müssen uns auf große Schäden einstellen". Tiroler Tageszeitung, 21.07.2022.

 

Forschen an der Existenzgrenze: Wo der Klimawandel in den Alpen sichtbar ist. Salzburger Nachrichten, 21.07.2022

 

Hermle, D., Gaeta, M., Krautblatter, M., Mazzanti, P., and Keuschnig, M.: Performance Testing of Optical Flow Time Series Analyses Based on a Fast, High-Alpine Landslide. Remote Sensing, 14, 455, https://doi.org/10.3390/rs14030455, 2022.

Hermle, D., Keuschnig, M., Hartmeyer, I., Delleske, R., and Krautblatter, M.: Challenging the timely prediction of landside early warning systems with multispectral remote sensing: a novel conceptual approach tested in the Sattelkar, Austria, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 21, 2753–2772, https://doi.org/10.5194/nhess-21-2753-2021, 2021.

 

Hermle, D., Gaeta, M., Keuschnig, M., Mazzanti, P., and Krautblatter, M.: Multi-temporal analysis of optical remote sensing for time-series displacement of gravitational mass movements, Sattelkar, Obersulzbach Valley, Austria, EGU General Assembly 2021, online, 19–30 Apr 2021, EGU21-8011, https://doi.org/10.5194/egusphere-egu21-8011, 2021.

 

Keuschnig, M., Hermle, D., and Krautblatter, M.: A conceptual approach on optimising lead time for the forecasting of landslides using remote sensing systems, EGU General Assembly 2020, Online, 4–8 May 2020, EGU2020-17267, https://doi.org/10.5194/egusphere-egu2020-17267, 2020

 

Hermle, D., Keuschnig, M., and Krautblatter, M.: Potential of multisensor assessment using digital image correlation for landslide detection and monitoring, EGU General Assembly 2020, Online, 4–8 May 2020, EGU2020-16982, https://doi.org/10.5194/egusphere-egu2020-16982, 2020

 

Massiver Felsrutsch in Hohen Tauern wirft Fragen auf (2020): ORF Salzburg, 25.09.2020 - https://salzburg.orf.at/stories/3068524/

 

IPA - International Permafrost Association (2018). Reports from the Adhering Bodies of the International Permafrost Association. ISSN 2221-3775.

 

Otto J-C., Hartmeyer I., Keuschnig M. (2018): Naturgefahren in alpinen Permafrostregionen und Permafrostmonitoring. Geographische Rundschau 11-2018.

 

Natur schafft Wissen - Nationalpark Hohe Tauern (2018): ORF 3, Land der Berge.

 

Hartmeyer I., Keuschnig M., Fegerl L., Valentin G., Helfricht K., Otto J-C. (2017): Long-term monitoring of climate-sensitive cirques in the Hohe Tauern range. 6th Symposium for Research in Protected Areas, Salzburg.

 

Der Standard Forschung Spezial

DerStandard

Neuer Artikel über unser Langzeit-Monitoring der Sattelkar-Rutschung (Obersulzbachtal, Salzburg). Der Artikel wurde am 17.08.2022 in der Wissenschaftsbeilage (Forschung Spezial) des Standard publiziert. Den gesamten Artikel findet ihr unter dem nachfolgenden Link.

 

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ORF Salzburg Heute

Sattelkar

In der gestrigen ORF-Nachrichtensendung ‚Salzburg Heute‘ ging es um unsere Forschungsarbeiten in den Hohen Tauern und die Frage wie der Klimawandel das Auftreten von Murgängen und Felsstürzen beeinflusst. Der Beitrag ist noch bis 18.07.2022 in der ORF-TVthek verfügbar – schaut rein!

 

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MEDIEN ORF-Beitrag Sattelkar

Sattelkar

Klimawandelbedingte Permafrostdegradation und ein steigender flüssiger Niederschlagsanteil führen in hochalpinen Karen zu einer erhöhten Verfügbarkeit von Lockermaterial. In Zukunft ist davon auszugehen, dass die Relevanz von Karen als Ausgangspunkt von gefährlichen Massenbewegungen deutlich zunehmen wird. Gemeinsam mit dem Nationalpark Hohe Tauern untersuchen wir dieses spannende Thema seit vielen Jahren. Kürzlich widmete der ORF unseren Forschungsarbeiten im Sattelkar (Obersulzbachtal, Salzburg) einen interessanten Nachrichtenartikel und TV-Beitrag. 

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MEDIEN Land der Berge: Natur schafft Wissen

Sattelkar

Die „Land der Berge“-Dokumentation widmet sich dem Nationalpark Hohe Tauern aus der Perspektive der Wissenschaft: Was lehrt uns dieser großteils unberührte Lebensraum und wie können wir dieses Wissen in Zeiten der Klimaveränderung nützen?

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